– Den barrierefreien Livestream mit Gebärdendolmetscher*innen soll es kommende Woche letztmalig geben.
– Auch die Zukunft des normalen Livestreams sei ungewiss.
– “Wir befürchten, dass beides abgeschafft wird” meinte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Günter Rudolph.
Das alles konnte man gestern (unter anderem) im Darmstädter Echo lesen.
Aus der Twitter-“Diskussion”, die daraufhin in meiner Timeline zwischen ein paar Politikern von SPD und Grünen entbrannte, habe ich mich herausgehalten. Mir war es wichtiger, mir ein eigenes Bild der Sachen zu machen und ich habe daraufhin die grüne Landtagsfraktion angeschrieben.
Hier bin ich weiter im Kontakt – mit welchem Ziel kann man weiter unten lesen.
Heute kam dann folgende Pressemitteilung aus dem hessischen Landtag:
Livestream und barrierefreier Livestream
Zu den aktuellen Presseverlautbarungen zum Thema Livestream und barrierefreier Livestream erklärt der Präsident des Hessischen Landtags, Norbert Kartmann: „Die Aussage des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD, Günter Rudolph, entspricht nicht dem Verlauf der Sitzung des Ältestenrats. Das Livestream – Angebot, das vertraglich mit FFH vereinbart ist, läuft bis Anfang 2015. Es wurde keine Entscheidung über eine Fortsetzung oder Beendigung des Livestreams getroffen, sondern die Verwaltung beauftragt, Alternativen zum derzeitigen Angebot zu prüfen.
Die zweite, davon unabhängige Frage sei die Fortführung des barrierefreien Livestreams, ein Angebot für die Hörgeschädigten. Diese Entscheidung müsse neu gefasst werden, nachdem der bisherige Werkvertrag ausgelaufen sei und nun aus vergaberechtlichen Gründen einer Ausschreibung bedürfe, so Kartmann. Kartmann weiter: “Eine Neuausschreibung wird erst erfolgen, wenn in einem Interessensbekundungsverfahren eruiert worden ist, welche Angebote es derzeit technisch und finanziell auf dem Markt gibt.“ Er werde dies mit Fachleuten und den Fachverbänden inhaltlich begleiten und dem Landtag “so bald als möglich” eine Ergebnis zuleiten, über das die Fraktionen zu beraten hätten.
“Die geäußerte Befürchtung, der Livestream werde gänzlich abgeschaltet, lässt sich aus den Diskussionen im Ältestenrat nicht ableiten. Im Gegenteil bemühen sich alle um eine zufriedenstellende und kostengünstige Lösung“, betonte der Landtagspräsident. Die derzeitige Lösung eines barrierefreien Livestream verursache jährlich 150 000.- € Kosten bei einer Zahl von durchschnittlich 135 Nutzern je Plenarwoche,” erklärte der Landtagspräsident. Da sei es zu verstehen, dass Abgeordnete Nachfragen hätten und auch den Wunsch, nach Alternativen Ausschau zu halten. Der Bundestag verzichte gerade wegen der Kosten auf einen barrierefreien Livestream. „Diese Absicht, es dem Bundestag gleich zu tun, wurde im Ältestenrat aber nicht geäußert“, so Kartmann abschließend.
Pressemitteilung des hessischen Landtages
Da stehen doch ein paar interessante Dinge drin, auf die ich näher eingehen möchte.
Der “normale” Livestream
Es wurde also anscheinend nicht über die Beendigung des Livestreams gesprochen, sondern die Verwaltung beauftragt, sich im Vorfeld des auslaufenden Vertrages nach Alternativen umzuschauen.
Was ich für sinnvoll und darüber hinaus sogar für sehr angebracht halte.
Bisher schauen circa 1.000 Menschen den Stream, eine Zahl mit der man, wenn man zwischen den Zeilen liest, wohl nicht zufrieden ist.
Allerdings beschränkt sich das Angebot von FFH auch auf das bloße Streaming, eine Archivierung und damit die Möglichkeit, die Sitzungen zu einem späteren Zeitpunkt (erneut) anzuschauen, besteht nicht. Wenn man nun die Uhrzeiten anschaut, zu denen die Sitzungen stattfinden (9:00 Uhr oder 14:00 Uhr), kann man über 1.000 Nutzer*innen ja fast schon stolz sein.
Technisch ist es nun wirklich keine große Anstrengung eine Art Mediathek anzubieten und es damit zum Beispiel auch Werktätigen zu erlauben, die Sitzungen zu verfolgen. Womit wir dann ganz sicher nicht mehr über nur 1.000 Zuseher*innen reden werden.
Der “barrierefreie” Livestream
Was ist uns Inklusion wert? Diese Frage steht hinter der Diskussion um die Abschaffung eines Angebotes,
Aktuell werden Gebärdendolmetscher*innen eingesetzt. Circa 135 Menschen nutzen dieses Angebot welches im Jahr 150.000 Euro kostet.
Das sind circa 1.111 Euro pro Person und Jahr. Klingt nicht wirklich viel, erst recht bei einem Haushaltsplan von circa 32 Milliarden Euro.
Und auch hier gilt: Eine Möglichkeit, die Sitzungen nicht nur live sondern auch später zu sehen würde den Kreis der Nutzer*innen sehr wahrscheinlich erheblich erweitern.
Ob es technisch möglich ist, das gesprochene Wort live in ausreichend guter Qualität in Text umzuwandeln und in einem Extra-Frame des Browsers anzuzeigen, ist mir leider nicht bekannt.
Vielleicht ist es aber auch möglich, die Protokollerstellung live zu verfolgen.
Dies sollte man prüfen. Sind beide Möglichkeiten aber ausgeschlossen, sollte das bisherige Angebot weiter betrieben werden.
Falsche Indiskretionen
Ein dritter Punkt ist die Veröffentlichung von Informationen vor einer vertraulichen und nichtöffentlichen Sitzung.
Hält die SPD, hier in Person von Günter Rudolph, jetzt die Transparenz-Fahne ganz hoch? Wohl kaum, sonst hätte man kaum solche Halbwahrheiten veröffentlicht.
Außerhalb jeglichen Wahlkampfes scheint es also das alte Spiel zu sein, als Opposition die Regierungskoalition vor sich herzutreiben. Finde ich persönlich keinen guten Politikstil und wird der Politikverdrossenheit weiter Vorschub leisten.